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#BNWPurpose: Finanzierung, Gründung und Nachfolge: Wie sicher sind die Unternehmenswerte?

Purpose Projekte BNWPurpose

Egal ob bei der Gründung oder Nachfolgeregelung eines Unternehmens stellen sich gerade nachhaltige Unternehmer:innen die Frage, wie sie den Zweck ihres Unternehmens sichern und vor Einflüssen wie zum Beispiel externen Investor:innen schützen können. Die Purpose Stiftung hat deshalb die neue Rechtsform „Gesellschaft mit gebundenem Vermögen/Verantwortungseigentum“ ins Spiel gebracht, in der ein Unternehmen „sich selbst gehört“. Andere Inhaber:innen präferieren eine Stiftungslösung. Durch diese Eigentumsformen können Unternehmen unabhängig werden vom Druck nach reiner Profitmaximierung und den Sinn (Purpose) des Unternehmens langfristig verankern. Aber, was bedeutet Verantwortungseigentum eigentlich für Unternehmen in der Praxis? Welchen Anreiz haben Unternehmer:innen ihre Unternehmensanteile abzugeben? Wie verändert sich die Unternehmenskultur? Und was sagen die Mitarbeitenden dazu? Diese und weitere Fragen diskutierten die Teilnehmenden der Veranstaltung „Warum verschenken Inhaber:innen ihr Unternehmen?“ die der BNW im Rahmen seines #Purpose Projekts organisierte.

Der folgende Beitrag fasst die Inhalte der 4 Inputs unserer Speaker:innen zusammen.

Was ist Verantwortungseigentum?

Daria Urman, Investment Partner bei der Purpose Stiftung, stellte direkt zu Beginn ihres Inputs klar, dass das vorherrschende Paradigma in Unternehmen oftmals die Maximierung des Shareholder Values sei. Die Purpose Bewegung hingegen habe ein anderes Verständnis von Wirtschaft und Eigentum. Die Maximierung des Shareholder Values und der erhebliche Einfluss von externen Investor:innen, sollen durch eine neue Rechtsform eingeschränkt werden. Dazu werden bei Purpose Unternehmen zwei Prinzipien rechtlich verankert: Das Selbstbestimmungsprinzip und die Vermögensbindung. Mit Selbstbestimmung ist gemeint, dass nur mit dem Unternehmen verbundene Menschen Stimmrechte haben: „Sie halten das Steuerrad“. Die Vermögensbindung regelt, dass Gewinne dem Sinn des Unternehmens dienen. Nach Deckung der Kapitalkosten können diese z.B. reinvestiert oder gespendet werden. Dass diese Gewinne nicht bei externen Investor:innen oder der:dem (Verantwortungs-)Eigentümer:in landen können, regelt bei Purpose Unternehmen das Golden Share Modell (siehe Grafik). Dabei werden zwei Arten von Anteilen geschaffen: A-Anteile, die mit 99% der Stimmrechte des Unternehmens, aber keinen Dividendenrechten ausgestattet sind. Zum anderen, B-Anteile, die im Fall des Kapitalbedarfs ausgegeben werden. Die Investor:innen halten Anteile mit gedeckelter Rendite  und ohne Stimmrecht und das Unternehmen hat jederzeit die Möglichkeit die Anteile zurückzukaufen. Somit können Investor:innen keinen Einfluss auf Unternehmensentscheidungen nehmen. 1% der Stimmrechte hält die Purpose-Stiftung. Sie beinhalten das Recht bei Unternehmensverkauf oder Satzungsänderung ein Veto einzulegen.

Purpose stellt eine Vielzahl von Informationen zum Thema Verantwortungseigentum, sowie Mustersatzungen, Workbooks und Fallbeispiele zur Verfügung. Alle Informationen findet Ihr hier.

Waschbär als Purpose Pionier

Katharina Hupfer ist seit 2017 Geschäftsführerin und Verantwortungseigentümerin des Öko-Versandhauses Waschbär. Sie hat den Wandel des Unternehmens zu einem Unternehmen in Verantwortungseigentum mitgestaltet. Der Inhaber, Ernst Schütz, wollte die Nachfolge so gestalten, dass die Werte des Unternehmens erhalten bleiben. Mit herkömmlichen Rechtsformen und den bestehenden Unternehmensstrukturen war das nicht möglich. So hat Waschbär als eines der ersten größeren Unternehmen 2017 das Golden Share Modell umgesetzt. Für Katharina Hupfer hat in diesem Prozess ein Umdenken stattgefunden: Sie stelle sich nun vor jeder Entscheidung die Frage, was das Unternehmen Waschbär will. Als Verantwortungseigentümerin hat sie kein Aufsichtsgremium, das ihr sagt, was zu tun ist. Sie hält das Steuerrad in der Hand und verantwortet die Zukunft von Waschbär. Auch unternehmensintern habe PurposeUmwandlung für ein Umdenken „Vom ich zum wir.“ gesorgt, beschreibt Katharina Hupfer. Gemeinsam mit den Mitarbeitenden wurde ein Transformationsprogramm erarbeitet, das die Zusammenarbeit und die Kommunikation neu definiert. Bei diesem Kulturwandel wurden alle Waschbär Mitarbeitenden einbezogen. Dabei sei „neue Power“ entstanden. Die Mitarbeitenden auf diese Reise mitzunehmen und sich ständig zu hinterfragen sei dabei essentiell in diesem Prozess, so Katharina Hupfer.

Werte Hochzeit bei WEtell

Seit dem 24. Juni ist WEtell offiziell Purpose Unternehmen und hat dies gebührend mit einer Werte Hochzeit gefeiert. Schon bei Gründung hat das Start-Up die Idee mitgedacht. Dazu seien sie schon früh in Kontakt mit BNW-Mitgliedsunternehmen ECOSIA (seit 2018 Purpose-Unternehmen) gewesen, wie Mitgründerin Alma Spribille erklärte. Ihre Einschätzung: Die Entscheidung Purpose Unternehmen zu werden, sei in einem jungen Unternehmen leichter zu treffen. WEtell sei die Entscheidung ihre nachhaltigen Unternehmenswerte durch Purpose zu verankern leichtgefallen, so Alma Spribille. Die Umwandlung schafft Vertrauen bei Mitarbeitenden und Kund:innen, da die  Unternehmenswerte auch über die Gründer:innen hinaus erhalten bleiben. Bei den Mitarbeitenden habe der Schritt große Zustimmung ausgelöst und die Identifikation der Mitarbeitenden mit dem Unternehmen sei riesig.

Stiftungslösung bei der Bohlsener Mühle

Mathias Kollmann, Geschäftsführer der Bohlsener Mühle, eröffnete seinen Input damit, dass bei ihm wöchentlich Kaufangebote auf dem Schreibtisch landeten, weil das Unternehmen als Bio-Pionier „gut in grüne Portfolios von externen Investor:innen passt“. Gemeinsam mit Inhaber Volker Krause arbeitet er zurzeit an der Nachfolgeregelung. Volker Krause wollte sicherstellen, dass das Unternehmen sich auch nach seinem Austritt seinen Werten als Bio-Lebensmittelhersteller treu bleibt. Gemeinsam haben sie sich gegen eine Purpose-Lösung und für die Gründung einer Stiftung entschieden. Für den Inhaber sei es wichtig gewesen Rechtssicherheit zu haben. Aus Sicht von Mathias Kollmann war die Stiftungsgründung nicht einfach und der Prozess habe „extrem viele Ressourcen gebunden“. Das Unternehmen wird in Zukunft unter dem Dach der Stiftung geführt. Die Satzung der Stiftung bietet die Grundlage für alle zukünftigen Unternehmensentscheidungen. Die Werte sind dort verankert und können nicht verändert oder umgangen werden. Sie regelt z.B., dass das Unternehmen nicht mit gewinnorientierten Absichten verkauft werden darf.  Wenn es um die Zukunft des Unternehmens geht, dient die Stiftung zudem als Sparringspartner für die Geschäftsführung. Für Mathias Kollmann steht fest: „Ich arbeite für eine Idee und nicht für eine Person. Die Stiftungslösung war in der Situation die beste Lösung, das Unternehmen in die Zukunft zu führen.“